
Wie Verkehrsminister Andreas Scheuer Seenotrettung verhindern will
Beitrag von Rechtsanwalt Johannes Lichdi, Dresden
Wie Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) Seenotrettung im Mittelmeer verhindern will
Zur Änderung der Schiffssicherheitsverordnung
Der deutsche Staat legt humanitären Seenotrettungsvereinen Steine in den Weg, wo er kann. So hat er jüngst die Schiffssicherheitsverordnung geändert, um die Mission des neuen Rettungsschiffs von Mission Lifeline, der „Rise Above“, zu vereiteln.
- Die Entscheidung des OVG Hamburg zur Festsetzung der „Mare Liberum“
Zur Vorgeschichte: Im April 2019 untersagte die „Berufsgenossenschaft Verkehr“ als zuständige Behörde das Auslaufen der „Mare Liberum“. Sie stützte ihr Verbot auf die vorgesehene Verwendung als Seenotrettungsschiff: Weil das Boot nicht für „Sport- und Freizeitzwecke“ eingesetzt werde, brauche es ein Schiffssicherheitszeugnis. Da Sicherheitszeugnisse nur für Schiffe zu beruflichen Zwecken erforderlich waren, aber nicht für Boote zu „Sport- und Freizeitzwecken“, konnten die Eigner keines vorweisen. Der Verein „Mare Liberum“ klagte gegen die Festhalteverfügung und bekam im September 2019 recht. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg entschied, „Freizeit“ könne „der Erholung von den Anstrengungen beruflicher oder sonstiger Verpflichtungen dienen, ist aber nicht darauf beschränkt. Sie erfasst zudem der persönlichen Entfaltung dienende kommunikative, kulturelle, politische und sportliche Tätigkeiten, was gemeinnützige und humanitäre Tätigkeiten ohne weiteres einschließt“ (OVG Hamburg, Beschluss vom 5.9.2019, 3 Bs 124/19, S.9f.). Das Oberverwaltungsgericht stellte also fest, dass Seenotrettungsmissionen auch mit Sportbooten und Kleinfahrzeugen ohne Sicherheitszeugnis zulässig sind. - „Risikogerechte“ Behandlung in der neuen SchiffssicherheitsVO?
Der Bundesregierung passt diese Entscheidung nicht. Das zuständige Bundesverkehrsministerium ersetzte Anfang März die Formulierung „Sport- und Freizeitzwecke“ durch „Sport- und Erholungszwecke“ (Bundesgesetzblatt I 2020, 412). Daher müssen jetzt Boote, die zwar nicht beruflichen Zwecken, aber auch nicht Sport und Erholung dienen, nun doch ein Schiffssicherheitszeugnis vorlegen. Die Bundesregierung ändert also das Recht, um die höchstrichterliche Entscheidung des OVG Hamburg auszuhebeln.
Mit Schreiben vom 6. April 2020 teilt die „Berufsgenossenschaft Verkehr“ dem Verein Mission Lifeline mit, dass „die Befreiung von der Zeugnispflicht für nicht gewerbsmäßig eingesetzte Kleinfahrzeuge oder Sportboote nunmehr an die Verwendung ausschließlich für Sport- und Weiterlesen Wie Verkehrsminister Andreas Scheuer Seenotrettung verhindern will