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Europas rechte Populisten bevorzugen simple Antworten. Sie schüren die Angst, mit den Flüchtlingen breite sich der Islam in Europa aus und damit auch Terror und Gewalt.
Unvergleichlich anspruchsvoller und substantieller sind dagegen die Erklärungen, die aus dem linken Flügel der Gesellschaft kommen: Sie sehen in den Anschlägen von Paris und Brüssel eine verzweifelte Antwort auf die Zerstörung der Gesellschaften im Mittleren Osten, als deren Haupt- bzw. alleinigen Verantwortliche sie die USA und die EU sehen.
Bei allen qualitativen Unterschieden zwischen diesen beiden Erklärungsansätzen ist ihnen eines gemeinsam: Beide Erklärungen verorten die Ursachen für den gegenwärtigen Terror außerhalb der EU im Mittleren Osten und damit in islamischen Kernlanden.
Nein, Flüchtlinge sind nicht unter den Attentätern von Paris und Brüssel gewesen. Und sie kamen nicht aus Syrien oder dem Irak oder gar Afghanistan. Es gibt zwar Verbindungen zum IS, aber die Attentäter kommen nicht von dort.
Bereits vor den Attentaten von Brüssel kam die Fragen nach der Herkunft der Attentäter auf. Und es gab erste Antworten. Aber erst nach den Anschlägen in Brüssel am 22. März 2016 ist die Frage nach der Herkunft der Attentäter von Paris und Brüssel stärker in den Blick genommen worden.
Dabei wurde bisher deutlich: Alle Attentäter von Paris und Brüssel sind in Frankreich bzw. Belgien geboren und aufgewachsen. Sie sind Belgier und Franzosen, also Bürger der EU. Ihre Eltern bzw. Großeltern kamen vor allem aus Marokko, einige wenige aus Algerien.
In Belgien gibt es aber auch eine große belgo-türkische Gemeinde. Auch sie ist islamisch. Doch aus ihr kommt kein einziger der Attentäter.
Es gibt vielmehr Indizien, dass die Attentate von Paris und Brüssel eher einen gewissen Bezug zu den Kolonialkriegen in Marokko und Algerien haben könnten (vgl. unten Dominic Johnson: Kinder des weißen Terrors.). Wobei es durchaus auffällig ist, dass die bisherigen Attentäter nur Wurzeln in Marokko bzw. in Algerien haben, obgleich es in der Logik der Rache naheliegend wäre, dass es z.B. auch Attentäter aus früheren belgischen Kolonien in Afrika gäbe.
Es gibt ebenfalls Hinweise, dass die Konzentration der Attentäter auf Frankreich und Belgien eine Ursache in der in Belgien und Frankreich herrschenden Laizität haben können, von der die muslimischen Bürgerinnen und Bürger besonders in einer durchaus als Diskriminierung zu wertenden Weise betroffen sind (vgl. unten Elizabeth Winkler: Is it Time for France to Abandon Laïcité?), die zu sozialer und ökonomischer Ausgrenzung führt. Gestützt wird diese These von dem Französischen Soziologen Emmanuel Todd in seinem Buch „Wer ist Charlie?“, auf das hier aus Platzgründen nur verwiesen werden soll.
Diese Beobachtungen legen den Schluss nahe, dass die Anschläge von Paris und Brüssel weniger ihre Ursachen im Mittleren Osten haben als innerhalb der EU, genauer in Frankreich und Belgien. Ist dieser Schluss zutreffend, dann läge der Schlüssel für eine wirksame Antwort auf diesen Terror nicht außerhalb, sondern innerhalb der EU.
Aus dieser Perspektive ist es Weiterlesen Wer sind die Attentäter von Paris und Brüssel?