Ovalmedia verbreitet Verschwörungslügen – und produziert für Arte

tagesspiegel.de

Sebastian Leber 9-11 Minuten


Dass man im Internet Videos mit Lügen und Verschwörungsmythen findet, war bereits lange vor Corona bekannt. Ungewöhnlich ist dagegen, dass solche Videos von einem Unternehmen hergestellt und veröffentlicht werden, das ansonsten ARD, ZDF und Arte beliefert, Filmförderungen erhält und in der Branche bislang als seriös galt.

Genau das ist bei Ovalmedia der Fall. Die Berliner Firma mit Sitz im östlichen Prenzlauer Berg hat in den vergangenen Jahren etliche Filmpreise gewonnen. Die Gründerin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Alice-Salomon-Hochschule. Ovalmedia war 2020 auch maßgeblich an der Konzeption des bundesweiten Dokumentarfilmtags „LetsDok“ beteiligt, der mit Steuermitteln gefördert wird.

In den Sendungen, die Ovalmedia ins Netz stellt, verbreiten szenebekannte Verschwörungsideologen wirre Thesen: etwa dass der Impfstoff gegen Corona „Teufelszeug“ sei, dass den Menschen bald Chips implantiert würden, dass alle Nichtgeimpften zwangsweise in „QZs“ gesteckt würden. 

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Was gerade geschehe, sei gar „das Böseste, das jemals in dieser Welt geplant und umgesetzt wurde“… Widerspruch oder kritische Einordnung gibt es von Robert Cibis, dem Moderator und Mitgründer von Ovalmedia, nicht.

Dafür aber oft Zustimmung oder Bewunderung. Wenn Sucharit Bhakdi etwa fordert, man müsse „die Corona-Viren laufen lassen in der Bevölkerung“, weil die Menschen so „eine Koexistenz“ mit den Viren aufbauen könnten, dann nickt Robert Cibis. Er nickt auch, wenn eine Verschwörungsgläubige erzählt, dass „irgendwelche Konzerneliten und sehr reiche Menschen“ ein böses Planspiel mit der Bevölkerung trieben. Zwei Impfgegnern schmeichelt Cibis, sie kämen ihm vor wie „Superhelden“.

Wo sich Bhakdi, Wodarg und Schiffmann wohl fühlen

Ovalmedia überträgt auch exklusiv die Sitzungen des sogenannten „Corona-Ausschusses“. Dort agiert ein Mann, der eine „organisierte Massentötung“ durch die Bundesregierung fürchtet, weil womöglich jeder vierte Deutsche an der Impfung gegen Corona sterben werde. Auch die Aktivistin, die unter Coronaleugnern als Anwältin Viviane Fischer, in der Öffentlichkeit dagegen als Hutmacherin Rike Feurstein bekannt ist, gehört dem Ausschuss an.

Woche für Woche spekuliert die Runde über vermeintliche Geheimpläne der Mächtigen sowie die Frage, ob es überhaupt eine Pandemie gibt. In seinem Zwischenbericht stellte der Ausschuss inzwischen fest, das von Corona ausgehende Risiko werde stark überschätzt. Ovalmedia-Chef Robert Cibis sagt, er sei froh, dass seine Firma die „Aufklärungsarbeit“ des Ausschusses unterstützen könne.

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Cibis gehörte auch zu den knapp 30 Teilnehmern der illegalen Versammlung, die Mitte Januar von der Polizei in der Kneipe „Scotch & Sofa“ aufgelöst wurde. Ovalmedia übertrug den gescheiterten Parteigründungsversuch damals live. Gegen dutzende Personen wurden anschließend Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen die Infektionsschutzverordnung eingeleitet.

Kurz darauf ging Ovalmedia eine Kooperation mit einem Aktivisten ein, der auch als Kameramann des rechtsextremen „Volkslehrers“ fungierte.

Robert Cibis mit den Impfgegnern Reiner Fuellmich und Rike Feurstein.
Robert Cibis mit den Impfgegnern Reiner Fuellmich und Viviane Fischer alias Rike Feurstein.Screenshot:Youtube

Die ersten Sendungen ihrer Reihe „Narrative“ durfte Ovalmedia in der Werkstatt des „Haus der Statistik“ am Alexanderplatz aufnehmen. Ovalmedia hatte sich dort um die Raumnutzung beworben, die Anfrage klang zunächst harmlos: Man versprach eine Debatte „über die Zukunft unserer Gesellschaft“.

Nach wenigen Folgen bemerkte die Quartierswerkstatt, wem sie da ihre Räume zur Verfügung gestellt hatte – und war entsetzt. Hier sei ein Ort der Meinungsvielfalt, aber definitiv „kein Ort für Verschwörungsmythologien, Wissenschaftsleugnung und Faktenverdrehung“, erklärt eine Sprecherin gegenüber dem Tagesspiegel. Ovalmedia wurde deshalb bereits im Juli 2020 die weitere Nutzung untersagt.

[Sie himmeln eine Romanfigur an, leugnen Corona und glauben an die Rassenlehre: Eine Reportage über die Verbreitung der Anastasia-Bewegung in Deutschland können Abonnenten von T+ hier lesen.]

„Wir erzählen Geschichten, die wahr sind und überraschen“, wirbt Ovalmedia auf seiner Homepage. Und auch: „Wir bauen Erzählwelten.“ Für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk hat das Unternehmen eine Reihe von Dokumentarfilmen produziert. Für Arte zuletzt einen, der die Wirksamkeit von Akupunktur ergründen wollte.

Robert Cibis bezeichnet sich selbst als „Wissenschaftsjournalist“. Auf die Frage, ob es für einen Wissenschaftsjournalisten angemessen sei, Verschwörungsmythen nicht zu hinterfragen oder wenigstens einzuordnen, antwortet Cibis dem Tagesspiegel nicht. Auch seine Geschäftspartnerin Lilian Franck äußert sich nicht.

Eine unwahre Behauptung nach der anderen

Ein besonders anschauliches Beispiel für Cibis’ Arbeitsweise, vielleicht auch für seine inhaltliche Vorbereitung, ist die Folge, in der er mit dem Verschwörungsideologen Mathias Bröckers über die Terroranschläge vom 11. September 2001 spricht. Bröckers stellt in dem Interview eine unwahre Behauptung nach der anderen auf, hantiert mit falschen Zahlen und Uhrzeiten, vertut sich hier um zehn Jahre, verdreht dort die Aussagen von Zeugen.

Er bringt Flugzeugtypen durcheinander, stellt Brandabläufe falsch dar und erfindet einen Koran im Koffer von Mohamed Atta. Ovalmedia-Chef Robert Cibis merkt dies alles nicht – oder verbirgt es tadellos. Stattdessen lobt er später seinen Interviewpartner: „Ich finde es sehr toll, wie Sie das so erzählen.“

Zu den vielen Preisen, mit denen Ovalmedia in den vergangenen Jahren ausgezeichnet wurde, könnte demnächst ein weiterer kommen. Bei der diesjährigen Berlinale läuft die Co-Produktion „À pas aveugles. From Where They Stood“ in der Reihe „Forum“.

Gleichzeitig plant Ovalmedia einen Kinofilm über Corona. In Videos wirbt die Firma um Spenden zur Finanzierung.

Dieses Video mit Wolfgang Wodarg brachte Ovalmedia mehrere Millionen Klicks.
Dieses Video mit Wolfgang Wodarg brachte Ovalmedia mehrere Millionen Klicks.Screenshot: Youtube

Auf Telegram betreibt Ovalmedia eine Chat-Gruppe. Dort wird etwa behauptet, die Regierung plane einen „Massengenozid“ beziehungsweise „Völkermord mit Ansage“. Weiter heißt es: „Der schlimmste Virus und Parasit heißt BRD-Regierung.“ Beim Impfstoff gegen Corona handele es sich in Wahrheit um „genetisch hergestellte Kampfstoffe“ – außerdem steckten Juden hinter den Impfstoffen. In dem Chat von Ovalmedia wird auch für rechtsextreme Magazine geworben, werden Posts von Hetzern wie Attila Hildmann geteilt. Die Admins greifen nicht ein.

[Kokain, Anleitung zum Bombenbau, Nazi-Hetze – kein Problem: Eine Reportage über den Messenger-Dienst Telegram können Abonnenten von T+ hier lesen.]

Einen ersten Hit in der Szene der Coronaleugner gelang Ovalmedia mit dem kurzen Video von Wolfgang Wodarg, das im Frühjahr 2020 millionenfach angesehen wurde und den ehemaligen Bundestagsabgeordneten landesweit in die Schlagzeilen brachte.

Unklar ist, wann und wie genau Ovalmedia Eingang in die Szene der Verschwörungsideologen fand. In einer seiner Sendungen deutet Robert Cibis eine persönliche Entwicklung an: Früher, sagt er, habe er einiges nicht durchschaut und müsse nun rückwirkend seine „ganze Wahrnehmung in Frage“ stellen. Er frage sich, wie naiv er denn damals gewesen sei. Seinen Prozess beschreibt er als „eine Art Erwachsenwerden“.

Die Zusammenarbeit ist beendet

Von der AG DOK, dem Berufsverband von Medien- und Filmschaffenden, der zusammen mit Ovalmedia den Dokumentarfilmtag LetsDok ins Leben gerufen hat, heißt es auf Tagesspiegel-Nachfrage, Ovalmedia habe „keinen Einfluss auf die Inhalte des Aktionstages LetsDok“ gehabt. Zudem sei die Kooperation im September beendet worden. Bei der Neuauflage im Herbst 2021 werde es keine Zusammenarbeit mehr geben.

Bei Arte, wo zuletzt Ovalmedias Film über die Wirksamkeit der Akupunktur lief, heißt es, die Aktivitäten der Firma in der Szene der Coronaverharmloser und Verschwörungstheoretiker seien dem Sender bisher nicht bekannt gewesen. Momentan sei keine weitere Zusammenarbeit mit Ovalmedia geplant.

Die Alice-Salomon-Hochschule, bei der Firmengründerin Lilian Franck als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt ist, erklärt, Ovalmedia sei der Hochschule bislang „nicht näher bekannt“ gewesen.  Ende des Monats wird Franck die ASH mit einem Vortrag beim Abschlussevent des Hochschulprogramms DiGiTal vertreten. Die in den Sendungen gemachten Aussagen seien selbstverständlich „in keinster Weise konform mit unserer Haltung und unserem Handeln als Hochschule gegenüber der Pandemie“, heißt es seitens der ASH nun. Man werde den Fall jetzt prüfen.

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Ich werde nicht wieder antreten

Erklärung von Fabio De Masi

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich werde 2021 nicht erneut für den Deutschen Bundestag kandidieren.    

Es war ein Privileg, seit 2014 zunächst im Europäischen Parlament und ab 2017 im Deutschen Bundestag zu wirken. Viele Menschen kämpfen in der Corona-Krise um ihre Existenz. Ich habe immer versucht, für jene Menschen Politik zu machen, die versuchen, ihre kleinen Träume zu verwirklichen und dabei anständig zu bleiben. Ich bin insbesondere den Menschen in Hamburg und in meinem Viertel in St. Pauli dankbar. Es war eine Ehre, ihnen im Parlament zu dienen. Ihr beweist jeden Tag in diesen schweren Zeiten großen Zusammenhalt und ich bin stolz auf Euch!

Es war nicht selbstverständlich, dass ich einmal dem Deutschen Bundestag angehören werde. Ich bin der Sohn einer alleinerziehenden Volkshochschullehrerin. Mein Vater arbeitete zeitweilig im Lager bei Wertkauf. Meine italienischen Großeltern besuchten nur wenige Jahre die Schule. Mein Großvater kämpfte als Partisane im Piemont für die Befreiung Italiens und musste sich dabei in dunklen Erdlöchern verstecken. Meine Großmutter trällerte ein Lied, wenn die Luft rein war und schmuggelte geheime Botschaften in einer Salami auf dem Motorrad. Mein Großvater hätte meinem deutschen Großvater im Krieg gegenüberstehen können. Er wäre unfassbar stolz, dass ich einmal dem deutschen Parlament angehörte. Alles, was ich im Leben erreicht habe, verdanke ich auch diesen Menschen.

Ich danke meinen großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich mit Leidenschaft für den Erfolg meiner Arbeit engagiert und dabei meinen Ehrgeiz ertragen haben.

Ich weiß, was ich meiner Partei und meinem Hamburger Landesverband zu verdanken habe. Ich bin stolz, dass wir gemeinsam zur letzten Bundestagswahl das beste Wahlergebnis unserer Geschichte in Hamburg erzielen konnten. Ich habe Rentnerinnen und Rentner, Lagerarbeiter, Pflegekräfte, Klein-Unternehmerinnen und viele mehr in unserer Partei kennenlernen dürfen, die sich für andere Menschen selbstlos engagieren.

Ich habe aufgrund meiner Tätigkeit interessante und beeindruckende Persönlichkeiten kennenlernen dürfen – von bekannten Ökonomen wie Jo Stiglitz bis zu meinen Freund Manoli Glezos, der während der NS-Besatzung die Nazi-Flagge von der Akropolis holte und im stolzen Alter von 97 Jahren eingeschlafen ist. Dafür bin ich unendlich dankbar.

Ich bin in den letzten Wochen von vielen Personen in meinem Landesverband, die mich bei der letzten Listenaufstellung nicht unterstützt haben, Weiterlesen Ich werde nicht wieder antreten

DIW-Studie: Vermögensabgabe angemessen und verfassungskonform

04.11.2020 – Wer soll die Corona-Krise bezahlen? Jene, die den Laden am Laufen halten? Polizisten, Kassiererinnen, Pflegekräfte? Oder Milliardäre wie die Quandts und die Klattens, für während Corona bakassiert haben? Wir fordern eine Vermögensabgabe nach der Bewältigung der Coronakrise für Milliardäre und Multi-Millionäre bei hohen Freigrenzen auf Betriebsvermögen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bestätigt in einer Studie, die von der Linksfraktion und der Rosa-Luxemburg-Stiftung beauftragt wurde, dass unsere Vorschläge zur einmaligen Vermögensabgabe zwecks Bewältigung der Krisenlasten angemessen und verfassungskonform sind. „Die Milliardäre sollten nicht immer fragen, was dieses Land für sie tun kann, sondern sollten endlich etwas für dieses Land tun“, fordert Fabio De Masi. Zu Studie: https://www.linksfraktion.de/presse/p…

Vermögensabgabe für das oberste Prozent

DIW-Studie im Auftrag der Fraktion DIE LINKE und der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bestätigt in einer von der Fraktion DIE LINKE im Bundestag sowie der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie die Angemessenheit der Vorschläge für eine einmalige Vermögensabgabe auf die Vermögen von Milliardären und Multi-Millionären mit hohen Freigrenzen für Betriebsvermögen zur Finanzierung der Corona-Lasten nach der Krise. Der stellvertretende Vorsitzende und finanzpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Fabio De Masi, sowie die Geschäftsführerin der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Daniela Trochowski, kommentieren die Studienergebnisse.

Fabio De Masi: „Die Bundesregierung will nach der Bundestagswahl zur Schuldenbremse zurückkehren. Damit drohen eine wirtschaftliche Vollbremsung und der Abriss des Sozialstaats. Milliardäre und Multi-Millionäre wie die Quandts und Klattens haben jedoch eine Corona-Party in Deutschland gefeiert. Sie haben hunderte Millionen Euro Dividende aus BMW-Aktien gezogen. Es ist Zeit, dass sich die obersten Ein-Prozent fragen, was sie für dieses Land tun können, und nicht immer nur fragen, was dieses Land für sie tun kann. Wir brauchen nach der Bewältigung der Coronakrise eine einmalige Vermögensabgabe nach dem Vorbild des Lastenausgleichs nach dem Zweiten Weltkrieg. Unser Konzept sieht eine moderate und realistische Belastung vor. Mit den Einnahmen von 310 Milliarden Euro ließen sich etwa über den Bund die Investitionen in Ländern und Kommunen anschieben.“

Daniela Trochowski: „Jetzt, aber gerade nach der Krise ist die vollumfängliche Finanzierung eines guten Gemeinwesens zentrale Aufgabe staatlichen Handelns. Die Studie hat gezeigt, dass die vorgeschlagene Vermögensabgabe ein mögliches und richtiges Instrument ist, ein solches Gemeinwesen für alle Menschen in diesem Land zu ermöglichen!“

Hintergrund:

Eine Vermögensabgabe wurde bereits einmal nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland mit weit höheren Sätzen als den in der Studie untersuchten Modellen angewendet. Das gesamte Nettovermögen in Deutschland beträgt der Studie nach ca. 12 Billionen Euro und ist extrem ungleich verteilt. Allein das reichste 1 Prozent der Bevölkerung besitzt davon 32 Prozent bzw. ca. 3,8 Billionen Euro – Tendenz: steigend. Eine neue Studie der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers und der schweizerischen Großbank UBS zeigt, dass allein das Vermögen der 119 Dollar-Milliardäre in Deutschland seit März 2019 –  trotz Krise – bis Ende Juli 2020 um 20 Prozent auf über 594 Milliarden Dollar gestiegen ist.

Das von der Fraktion DIE LINKE favorisierte Modell würde die oberen 0,7 Prozent der erwachsenen Bevölkerung mit einem privaten Nettovermögen (Vermögen abzüglich Verbindlichkeiten) von zwei Millionen Euro bzw. fünf Millionen Euro bei Betriebsvermögen mit einer einmaligen Abgabe belasten. Die Abgabe soll linear progressiv auf 30 Prozent ab 100 Millionen Euro aufwachsen.

Diese einmalige Abgabe wäre über einen Zeitraum von 20 Jahren (analog zu den Tilgungsfristen der Kredite des Bundeshaushalts im Rahmen der Schuldenbremse) zu tilgen und mit zwei Prozent p.a. zu verzinsen. Damit würde die jährliche Belastung überwiegend keine Substanzbesteuerung bewirken und die Belastung von Immobilien in guten Innenstadtlagen vermieden, die alleine aufgrund des Immobilienbooms der letzten Jahre Haushalte „auf dem Papier“ zu Millionären machten. In seltenen Fällen könnte die Steuerschuld auch in Beteiligungen eines Staatsfonds umgewandelt werden. Durch eine rückwirkende Stichtagsregelung bei der Besteuerung würden Verlagerungseffekte ins Ausland ins Leere laufen.

Eine solche moderate Abgabe würde auch einer dauerhaften Vermögenssteuer für Mega-Reiche nicht im Wege stehen. Eine so ausgestaltete Vermögensabgabe ist verfassungsrechtlich als Lastenausgleich vorgesehen, wie u. a. das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Wieland bestätigt. Die in dem von der Fraktion DIE LINKE favorisierten Modell geschätzten Einnahmen von 310 Milliarden Euro gingen an den Bund, könnten aber auch einen Beitrag zur Entschuldung und finanziellen Stärkung von Ländern und Kommunen leisten. In anderen Varianten könnten bis zu 560 Milliarden Euro erzielt werden.

Presse / Rosa-Luxemburg-Stiftung

030-44310-479

Zusammenfassung der Studie

In guter Gesellschaft – Verena Bentele fragt, wo’s hakt – Folge 3 – Gewinner und Verlierer der Corona-Krise

https://www.vdk.de/deutschland/pages/podcast/podcast/80063/folge%203_gewinner%20und%20verlierer%20der%20coronakrise?dscc=ok

In guter Gesellschaft – Verena Bentele fragt, wo’s hakt – Folge 3 – Gewinner und Verlierer der Corona-Krise
#3 | Marcel Fratzscher, wer sind die Gewinner und Verlierer der Corona-Krise

Marcel Fratzscher, wer sind die Gewinner und Verlierer der Corona-Krise können wir die Lasten der Corona-Krise sozial gerecht verteilen?

In guter Gesellschaft mit Prof. Ph.D. Marcel Fratzscher spreche ich über die Auswirkungen der Corona-Krise. Können wir die Lasten gerecht verteilen oder bürden wir den Schwächeren mal wieder den Mammutanteil auf?
Als Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hat Marcel Fratzscher das Konjunkturpaket der Bundesregierung unter die Lupe genommen. Im Podcast erklärt er uns, wo Nachbesserungsbedarf besteht, warum der Staat jetzt auf keinen Fall sparen sollte und welche Maßnahmen nötig sind, um Armut in Deutschland langfristig einzudämmen.

Corona-Krise: Schocktherapie gegen Schuldenangst?

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Die Corona-Krise ist der schwerste Wirtschaftsschock seit der Großen Depression der 1930er Jahre. Die schwarze Null wurde beerdigt und die Schuldenbremse im Eiltempo durch Notfall-Kredite „ausgesetzt“. Die Corona-Krise offenbart wie ein Brandbeschleuniger die Fehler der Vergangenheit. Ob Renditemedizin, Investitionsstau oder Pflegenotstand: Die Kürzungspolitik in Europa macht die Krise teuer als nötig, weil die Wirtschaft wegen der drohenden Überlastung des Gesundheitssystems gehemmt ist und die Unsicherheit nur mit großen Investitionen überwunden werden kann. Ohne staatliche Kredite (Schulden) wird die Krise teuer und die Brücke in die Zukunft reißt ab!

Schulden haben nichts mit Schuld zu tun!

Wir müssen über Schulden reden. Denn mit der Corona-Krise geht Finanzminister Olaf Scholz, der die schwarze Null bis zuletzt selbst gegen die Kritik der deutschen Industrie verteidigte, in die Vollen! Wurde vor der Krise um jeden Euro und Cent gerungen, scheinen die Milliarden auf einmal auf den Bäumen zu wachsen. Oder doch nicht?

Der Begriff „Schulden“ ist im Deutschen negativ belegt. Wer sich verschuldet, der wirtschafte schlecht. Allerdings macht es einen Unterschied, ob man ein Staat, eine „schwäbische Hausfrau“ oder ein Unternehmen ist. Ein privater Haushalt muss seine Ausgaben kürzen, wenn das Einkommen – etwa durch Arbeitslosigkeit – wegbricht. Dann wird einem auch die Sparkasse einen Kredit verwehren. Ebenso haben Unternehmen nur einen begrenzten Spielraum zur Finanzierung über Banken oder Kapitalmärkte, wenn ihre Gewinne einbrechen. Denn Aktionäre wollen Dividenden und Kursgewinne, wenn sie Aktien kaufen, und Banken wollen Zinsen und Sicherheiten, wenn sie Kredite vergeben. Der Staat aber verfügt über eine Zentralbank, die in eigener Währung unbegrenzte Munition hat und nie pleitegehen kann. Der Europäischen Zentralbank (EZB) können zwar die Dollars ausgehen, aber niemals die Euros. Der Zugang zum Zentralbankgeld Weiterlesen Corona-Krise: Schocktherapie gegen Schuldenangst?

Bewältigung der Corona-Krise: Esken für Vermögensabgabe

SPD-Chefin Esken hat eine faire Lastenverteilung zur Bewältigung der Corona-Krise gefordert. Wohlhabende sollen eine Vermögensabgabe leisten. Die FDP hält dies für eine „Steuererhöhungs- und Neid-Debatte“ zur Unzeit. 

SPD-Chefin Saskia Esken hat zur Bewältigung der finanziellen Belastungen der Corona-Krise eine einmalige Vermögensabgabe ins Spiel gebracht. „Wir werden eine faire Lastenverteilung brauchen – und die kann für die SPD nur so aussehen, dass sich die starken Schultern in Deutschland auch stark beteiligen“, sagte sie der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“.

Esken halte eine einmalige Vermögensabgabe „für eine der Möglichkeiten, die Staatsfinanzen nach der Krise wieder in Ordnung zu bringen“.

FDP fordert niedrige Steuersätze

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer warf Esken vor, in der Corona-Krise zur Unzeit eine „Steuererhöhungs- und Neid-Debatte“ anzuzetteln. Theurer sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Das ist Gift für die ohnehin abstürzende Konjunktur und damit ein zusätzlicher Rezessions-Verstärker, der Arbeitsplätze kosten und den Mittelstand in seiner Existenz gefährden könnte.“

Stattdessen müssten nach dem „Shutdown“ Investitionen und Wachstum auch durch niedrigere Steuersätze angekurbelt werden. Die durch das Herunterfahren der Wirtschaft aus Gründen des Gesundheitsschutzes entstehenden Kosten dürften nicht einseitig Firmeninhabern und Eigentümern aufgebürdet werden. „Denn die werden ja als Unternehmer für Investitionen und Arbeitsplätze gebraucht.“

Theurer betonte, dass Deutschland keine „schädliche und parteipolitisch motivierte Umverteilungsdebatte zur Profilierung einer glücklosen SPD-Vorsitzenden“ brauche. „Frau Esken hätte besser weiter geschwiegen“, so Theurer.

Linkspartei fordert einmal fünf Prozent von Millionären

Der Vorschlag der SPD-Chefin ist nicht neu: Auch der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch, hatte eine solche Vermögensabgabe vor einigen Tagen bereits gefordert. Das Grundgesetz sehe im Artikel 106 ein solches Mittel vor. Eine einmalige „Corona-Abgabe“ auf große private Vermögen sei geboten. Auch Linken-Parteichef Bernd Riexinger schlug vor, Vermögen ab einer Million Euro sollten mit einer einmaligen Abgabe von fünf Prozent belastet werden.

Der Bundestag hatte bereits in der vergangenen Woche zur Finanzierung der Corona-Folgen einen Nachtragshaushalt beschlossen, der neue Schulden in Höhe von 156 Milliarden Euro vorsieht.

Stephan Wohanka: Das Virus und der Klimaschutz

das-blaettchen.de

Stephan Wohanka

Würden wir die Klimakrise halb so ernst nehmen
wie die Coronakrise, wäre uns geholfen.

Luisa Neubauer

Die Bundeskanzlerin ist nicht wiederzuerkennen. Sie zeigt sich nach immer mal längeren Absenzen ihrem Volke, ist eloquent; ein Beobachter meinte sogar, eine „rhetorische Ekstase“ bei ihr ausgemacht zu haben. Wovon ist sie infiziert? Hoffentlich trotz Quarantäne nicht vom in Rede stehenden Virus wie ihr potentieller Erbe Friedrich Merz, sondern von der ihr qua Amt zukommenden Verantwortung fürs Ganze. Dabei kommt ihrer Ausbildung als Physikerin dergestalt Bedeutung zu, dass sie gegenüber Politikern mit juristischen oder verwaltungstechnischen Hintergründen einen spezifischen Zugang zu Naturwissenschaftlern hat, in diesem Falle zu Biologen und Medizinern. Es ging ratzfatz: Das ganze Land wurde über Empfehlungen, denen sich kaum jemand entziehen konnte, wollte er nicht der Selbstsucht geziehen werden bis hin zu Verboten quasi lahmgelegt. Die Wirtschaft muss vom „Soloselbständigen“ bis zum DAX-Konzern noch kaum bezifferbare Verluste und Einbußen hinnehmen; also letztlich wir alle. Die Parteien stellen eine schon bedenklich machende Einigkeit zur Schau; es sei jetzt nicht die Zeit für „Parteienstreit“. Die Eindringlichkeit der Appelle, aber auch Angst in der Bevölkerung führten dazu, dass sich kein oder kaum Widerstand regte. Abgesehen von „Widerstandskämpfern“, die maßlose Übertreibungen und ungerechtfertigte Eingriffe in Bürgerrechte diagnostizierten; und zeitweilig leeren Warenregalen …

Geht es um Klimaschutz, sind Kritiker notwendiger Maßnahmen dagegen schnell dabei, den Vorwurf der „Verbotsgesellschaft“ zu erheben. Selbst der Sache aufgeschlossen Gegenüberstehende schreiben: „Man traut uns Menschen Weiterlesen Stephan Wohanka: Das Virus und der Klimaschutz