https://www.freitag.de/autoren/klute/zukunft-europa/
HEINZ, ein Community-Mitglied des FREITAG, hat meinen Kommentar „Wer soll und wer darf über CETA entscheiden?“ wie folgt kommentiert:
(…)
– Wenn Juncker die hier auch in Deutschland geltenden Gesetze im EU-Parlament abnicken läßt, brauchen, wir keinen Deutschen Bundestag mehr.
– Wenn wir keinen Deutschen Bundestag mehr brauchen, brauchen wir auch keine deutsche Bundesregierung mehr.
– Wenn wir keine deutsche Bundesregierung mehr brauchen, brauchen wir auch kein Bundesverfassungsgericht mehr, das dem Bundestag und der Bundesregierung hin und wieder auf die Finger klopft.
– Den Ersatzkaiser brauchen wir sowieso nicht.
Damit ist die Berliner Republik Deutschland BRD abgeschafft.
Deutschland zerfällt in seine Länder, Freistaaten und Stadtstaaten. Die gemeinsamen Angelegenheiten erfüllt dann ein ZweckVerbund Deutschland ZVD und die Länder, Freistaaten und Stadtstaaten werden eigenständige Nationen in der EU.
(…)
Was spricht eigentlich dagegen, die BRD in der EU aufgehen zu lassen? Und mit ihr auch die anderen Mitgliedsstaaten.
Seit dem die Nationalstaaten sich ab dem 18. Jahrhundert in Europa durchgesetzt haben, waren die Ausgrenzung derer, die nicht zur Nation zugehörig eingestuft wurden, eines ihrer wesentlichen Merkmale. Der Nationalstaat hat dem Rassismus einen politischen Rahmen und damit eine politische Legitimation gegeben, die im vom deutschen Faschismus zu verantwortenden Holocaust eine historisch beispiellose Zuspitzung erfahren hat.
In Verbindung mit dem sich etwa zeitgleich durchsetzenden Kapitalismus als Wirtschaftsform hat der Nationalismus eine ungeheure Aggressivität auch nach außen entwickelt. Zwar sind Kriege keine Erfindung des Kapitalismus – weder in der Antike noch im Mittelalter war Europa arm an Kriegen – aber mit dem 1. und 2. Weltkrieg haben die europäischen Nationalstaaten zwei Kriege initiiert, die eine bis dahin unbekannte Intensität und Grausamkeit entwickelten.
Aus diesen historischen Erfahrungen ist schließlich die Idee einer Europäischen Union entstanden.
Schaut man sich den derzeit in Europa erneut aufkeimenden Nationalismus an, dann erscheint diese historische Begründung nach wie vor aktuell. Militante Ausgrenzung von Minderheiten und Rassismus sind auch heute charakteristisch für nationalistische Politik, was sich in den letzten Monaten vor allem im Umgang mit Flüchtenden sowie Migranten und Migrantinnen zeigt. In Ungarn z.B. ist die Grenze mittlerweile mit einem Zaun abgesichert. Und mit Militär. Dort sind kürzlich auch Flüchtende wegen „illegalen“ Grenzübertritts zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Ohne den politischen Rahmen der Europäischen Union hätten sich einige EU-Mitgliedsstaaten vermutlich noch sehr aggressiver Flüchtenden gegenüber verhalten.
Die Nationalstaatsidee ist sich also treu geblieben: Rechte – seien es soziale Rechte oder Menschenrechte – gelten bestenfalls für Angehörige der eigenen Nation. Wer der eigenen Nation nicht zugerechnet wird, ist Mensch zweiter Klasse, das heißt im Grundsatz rechtlos.
Die Vermeidung von Krieg ist heute jedoch nicht die einzige Begründung für das politische Projekt Europäische Union. Das politische Konzept, Interessengegensätze nicht militärisch, sondern auf politischem Wege auszuhandeln, ist heute eine unabdingbare Voraussetzung, um Weiterlesen Hat das Europa der Nationen noch Zukunft?