Senat will Innenminister verklagen : Berlin will grundsätzliche Klärung

Horst Seehofer verweigert dem Land Berlin seine Zustimmung zur Aufnahme von mehr Flüchtlingen. Seebrücke und Anwälte begrüßen eine Klage dagegen.

Flüchtlinge, die auf den griechischen Inseln lebten, kommen in Athen an mit einem Schiff - Berlin würde gerne mehr dieser Flüchtlinge aufnehmen, darf es aber nicht

Berlin würde Griechenland gerne entlasten: Flüchtlinge von den Inseln kommen am 1.11. in Athen an Foto: Yorgos Karahalis/ap

BERLIN taz | Die Ankündigung des Senats, Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vor dem Bundesverwaltungsgericht zu verklagen, weil dieser die Zustimmung zu einem Berliner Landesaufnahmeprogramm für 300 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge verweigert, findet breite Zustimmung innerhalb und außerhalb der Koalition.

Die Vorlage zu dem Beschluss hatte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Dienstag in den Senat eingebracht. Ein Sprecher der Innenverwaltung sagte am Mittwoch der taz: „Nachdem Andreas Geisel sich im August vergeblich an den Bundesinnenminister wandte und sich Mitte September selbst in Griechenland einen Eindruck von der Lage verschafft hat, ist nunmehr Klage geboten.“ Dabei gehe es „um die grundsätzliche Klärung, unter welchen Voraussetzungen das Bundesministerium das Einvernehmen zu Landesaufnahmeprogrammen der Länder verweigern darf.“

Die Landesvorsitzende der Linken, Katina Schubert, erklärte, es sei schon lange eine Forderung der Linken, „juristisch zu klären, wie weit Seehofer gehen darf“. Der taz sagte sie: „Die Situation auf den griechischen Inseln hat sich in keiner Weise geändert, seit die Weltöffentlichkeit weniger dorthin schaut. Wenn die EU hier nicht zusammensteht und Griechenland entlastet, dann muss zumindest für aufnahmewillige Kommunen der Weg frei gemacht werden.“

Die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch twitterte, es sei gut und richtig, dass Berlin vorangehe und Klage erhebe. „Es ist weder Weiterlesen Senat will Innenminister verklagen : Berlin will grundsätzliche Klärung

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Entschlossen irrational

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Mit Jesus gegen die »DDR 2.0«: Teilnehmerin der Demonstration am Brandenburger Tor in Berlin

Am Mittwoch hat der Bundestag die von der Bundesregierung gewünschten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes mit 415 gegen 236 Stimmen gebilligt. Ungeachtet des Verbots der zuvor angemeldeten Kundgebungen haben parallel zwei größere Demonstrationen von Gegnern der Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie stattgefunden. Die Hauptkundgebung auf der Straße des 17. Juni wurde nach einer Anmeldung von der Polizei zunächst toleriert. An den Zugängen wurde von Polizeibeamten dazu aufgefordert, einen Mund-Nase-Schutz anzulegen. In den allermeisten Fällen verschwand der kurz darauf wieder in der Tasche.

Bis zum Mittag hatten sich auf der Straße des 17. Juni vom Brandenburger Tor bis zur Höhe Yitzhak-Rabin-Straße etwa 10.000 Menschen versammelt. Gleichzeitig fand auf und an der Marschallbrücke in Sichtweite des Reichstagsgebäudes eine weitere Kundgebung statt, an der rund 3.000 Menschen teilnahmen. An beiden Veranstaltungen beteiligten sich erneut als solche erkennbare Neonazis und Mitglieder faschistischer Kleinparteien. Die AfD war als einzige Bundestagspartei mit Fahnen und einzelnen Abgeordneten präsent. Weniger sichtbar als bei der »Querdenken«-Demonstration Ende August waren diesmal die seinerzeit zahlreich und gut organisiert aufgetretenen »Reichsbürger« sowie die damals auffällige »Q-Anon«-Sekte. 

Falsch wäre es indes, zu suggerieren, Neonazikader hätten das Bild dieser Demonstrationen geprägt oder gar den Ton angegeben. Wie schon bei der Demo Ende August bleibt der vorherrschende Eindruck, dass sich die Masse der Teilnehmenden aus Esoterik- und Alternativmilieus rekrutiert, die in erster Linie ein entschlossener Irrationalismus und in zweiter Linie ein erschreckend niedriges politisches Niveau verbindet.

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Impfgegner, Hippies, Evangelikale, Gegner des 5G-Netzausbaus, Veganer, dazu die AfD-Klientel, »Reichsbürger«, Neonazis und Leute, die die Ideologie von Grundgesetz, »Freiheit«, »Demokratie« und »Rechtsstaat« so gründlich geschluckt haben, dass sie glauben, diese Schönheiten gegen Merkel und die »DDR 2.0« verteidigen zu müssen: Das war in der Hauptsache das Spektrum, das am Mittwoch in Berlin demonstriert hat. Es ist ohne Zweifel mobilisierungsfähig; nicht ausgeschlossen ist, dass hier eine »Pegida«-Bewegung neuen Typs Gestalt annimmt.

Von innen wirkte die Demonstration erneut unorganisiert und konfus; stellenweise ähnelte sie einer Geisterbahn. Zu sehen waren Aluhüte, süddeutsche Trachten und schwarz-weiß-rote Fahnen mit Symbolen der Friedensbewegung. Das sowjetische Ehrenmal im Tiergarten, das zugleich eine Kriegsgräberstätte ist, war mit Kreideherzchen beschmiert; auf einem der für Helden der Sowjetunion errichteten Sarkophage saßen Hippiegestalten, die, einen qualmenden Aschenbecher neben sich, ihre Trommeln bearbeiteten. Auf der unweit errichteten Lkw-Bühne erläuterte ein Redner den Weg zu »Menschlichkeit und Demokratie«: »Vor Jahrhunderten« bereits sei die »väterliche Liebe« verlorengegangen; die »Brahma-Kultur« sei der Weg, um sich »von diesem System« unabhängig zu machen. Auf der Marschallbrücke rief ein Redner dazu auf, die »Stasizentralen« zu besetzen.

Kurz nach 12 Uhr beendete die Polizei mit Verweis auf zahlreiche Verstöße gegen die Hygienebestimmungen die Versammlung im Tiergarten. Teilnehmer, die den Versammlungsort nicht räumten, wurden mit Wasserwerfern »beregnet«. Die Polizei meldete bis zum Nachmittag 191 Festnahmen.

Kuba trotzt dem Virus!

Von Reinhard Renneberg, Merseburg

E-Mail aus Havanna! Ursprünglich wollte ich gerade jetzt auf Kuba unseren Herzinfarkt-Schnelltest landesweit ausprobieren helfen. Das Virus zwang mich leider zum Daheimbleiben …

Mein Kollege und Freund Gerardo Guillen Nieto, Chef des kubanischen Instituts für Biotechnologie und Gentechnik (CIGB) in Havanna, schickt mir deshalb fast täglich aktuelle Nachrichten. Zu Wochenbeginn betrug die Zahl der aktiven Fälle auf Kuba insgesamt 496, zwei davon kritisch krank, zwei schwer. Und von den gerade mal 52 neuen Fällen des Tages waren zwei eingeschleppt worden. Alle konzentrieren sich auf die vier Provinzen Pinar del Río, Ciego de Ávila, Sancti Spíritus und Havanna. 7349 Kubaner wurden seit dem 11. März 2010 infiziert, 130 davon verstarben. Und das bei einer Bevölkerung von über 13 Millionen Kubanern.

Die Kubaner sind sehr stolz auf ihr erfolgreiches Behandlungsschema und ihr beispielhaftes Gesundheitswesen: Sie benutzen eine Mischung aus den gentechnisch produzierten Interferonen alpha und gamma (siehe Biolumne vom 28./29. März 2020) für eine frühzeitige Behandlung. Weniger als vier Prozent der positiv Getesteten entwickelten daraufhin eine echte Erkrankung.

Das geheimnisvolle Peptid des Biotech-Instituts CIGB-258, genannt »Jusinza«, setzt man in den Intensivstationen gegen den tödlichen »Cytokin-Sturm« ein. Die hohe Todesrate bei der Grippe-Pandemie nach dem Ersten Weltkrieg unter jüngeren Menschen im Alter von 20 bis 40 Jahren unterschied sie fundamental von der saisonalen Grippe, die in erster Linie Säuglinge und alte Menschen gefährdet. Eine Erklärung dieses überraschenden Phänomens bei der Spanischen Grippe ist eben dieser Cytokin-Sturm.

Während einer Immunreaktion werden nämlich Cytokine gebildet, Botenstoffe, die weitere Immunzellen an den Ort der Entzündung locken und sie aktivieren. Darauf bilden diese ebenfalls Cytokine, um die Immunreaktion weiter zu verstärken. Normalerweise geht diese Immunreaktion wieder zurück, sobald das Virus (also das Antigen) nicht mehr vorhanden ist. Bei einem Cytokin-Sturm werden die Leukozyten so stark aktiviert, dass sich die Immunreaktion nicht wieder von selbst beruhigt. Es werden verschiedene Cytokine, Radikale und Gerinnungsfaktoren gebildet und Immunzellen sammeln sich am Ort der Entzündung. Das beeinträchtigt die Funktion des Lungengewebes, bis hin zum Organversagen. So auch bei den schweren Covid-19-Erkrankungen. In Kuba überlebten mehr als 85 Prozent der 200 behandelten Patienten dank der neuen Biotech-Therapien.

Zusätzliche Hoffnung gibt den Kubanern trotz der Krise auch, dass der benachbarte »Embargo-Präsident« nun bald das Weiße Haus räumen muss.

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Liebe Leserin, lieber Leser,

30 Jahre danach sind viele Geschichten über die politische Wende in der DDR und insbesondere über den Weg in die deutsche Einheit noch immer nicht erzählt. Dabei stehen individuelle Erfahrungen weiterhin nicht selten im Gegensatz zum offiziellen Erinnerungsdiskurs. Ich erinnere mich beispielsweise an das damalige Tempo der gesellschaftlichen Veränderung und dass es manchmal schwerfiel, Schritt zu halten. Ich erinnere mich an die vielen neuen Parteien und Bewegungen, die in dieser Zeit entstanden sind und die heute keine oder kaum noch eine Rolle spielen. Ich erinnere mich an die Runden Tische, an denen die unterschiedlichsten politischen Akteure um den künftigen Weg stritten und neue Demokratieerfahrungen sammelten. Ich erinnere mich an die Aufbruchsstimmung, die Stefan Heym bereits auf der großen Demonstration auf dem Berliner Alexanderplatz am 4. November 1989 in die Worte fasste, es war, «als habe einer die Fenster aufgestoßen nach all den Jahren der Stagnation, der geistigen, wirtschaftlichen, politischen, den Jahren von Dumpfheit und Mief, von Phrasengewäsch und bürokratischer Willkür, von amtlicher Blindheit und Taubheit». Es gab eine kurze Zeit, in der alles möglich schien – sogar ein demokratischer Sozialismus.

Wie engagiert an den Runden Tischen und später in der letzten Volkskammer der DDR um Mehrheiten gerungen wurde, habe ich selbst miterlebt. Die Atmosphäre und das Arbeitspensum, das die Abgeordneten bis zum 3. Oktober 1990 bewältigten, sind heute kaum vermittelbar. Dabei wäre es durchaus lohnenswert, wissenschaftlich zu ergründen, welche Formen politischer Meinungsbildung, Demokratie und Partizipation in den Aufbrüchen 1989/90 erfolgreich ausprobiert wurden. Leider ist vieles davon auf dem Weg in die deutsche Einheit auf der Strecke geblieben.

Einige Mitstreiter*innen aus der Zeit der revolutionären Um- und demokratischen Aufbrüche in der DDR sind auch heute noch aktiv, andere haben sich, oft enttäuscht von den Möglichkeiten realer Einflussnahme, zurückgezogen. Die damaligen Weiterlesen Zugehörige Dateien

Die Wut der Wartenden

Das Aufatmen nach dem Machtwechsel in den Vereinigten Staaten von Amerika ist dieser Tage fast weltweit spürbar. Das Ergebnis aber war denkbar knapp: Über 70 Millionen Stimmen entfielen auf Donald Trump. Nur mit Mühe konnte der Herausforderer Joe Biden die einstigen demokratischen Hochburgen Wisconsin, Michigan und Pennsylvania zurückgewinnen. Die »blaue Wand«, welche die liberale Ostküste der USA traditionell vom konservativen »Bible Belt« trennt, steht erst einmal wieder.

Doch muss das nicht so bleiben. Denn ein problematischer Trend im Wahlverhalten, der sich schon länger abzeichnet, konnte auch bei der Abwahl Trumps nur im Ansatz gestoppt werden. Zwar legen Nachwahlumfragen nahe, dass geringer Verdienende mit Jahreseinkommen von weniger als 50 000 Dollar – wie auch die mittlere Schicht zwischen 50 000 und 100 000 Dollar – klar die Demokraten bevorzugt haben, nämlich zu 57 beziehungsweise 56 Prozent. Trump hingegen obsiegte mit 54 Prozent bei Einkommen über 100 000 Dollar. Dennoch ist auffallend, dass der Anteil der Trump-Stimmen unter den geringer Verdienenden mit rund 41 Prozent dem von 2016 entspricht. So bestätigt auch die jüngste Wahl in den USA, was sich schon beim Brexit-Referendum und im Erfolg von Parteien wie dem Rassemblement National in Frankreich und auch der deutschen AfD zeigte: Lohnabhängige vor allem aus industriellen Krisenregionen stimmen erheblich häufiger für rechte Parteien als zu früheren Zeiten.

Thomas Gerstenkamp

ist Journalist und promovierter Politikwissenschaftler. Er veröffentlichte verschiedene Titel zum Thema, unter anderem 2007 »Die Krise der Kerle – Männlicher Lebensstil und der Wandel der Arbeitsgesellschaft (Lit Verlag, 184 S., brosch., 17,90 €) und 2010 »Geschlechterkampf von rechts: wie Männerrechtler und Familienfundamentalisten sich gegen das Feindbild Feminismus radikalisieren« (Friedrich-Ebert-Stiftung, online frei verfügbar).

Klaus Dörre, Professor für Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie an der Universität Jena, fragt in seinem gerade erschienenen Buch »In der Warteschlange« nach den Ursachen dieses Phänomens. Der Band, der neben neuen Texten auch bereits veröffentlichte Beiträge aus Fachzeitschriften in leicht überarbeiteter Form enthält, präsentiert Befunde der empirischen Forschung aus vier Jahrzehnten. Der Wissenschaftler, der sich bereits am Rande seiner Dissertation mit dem Thema beschäftigt hat, möchte mit dieser Zusammenstellung eine »rechte Tiefengeschichte« erzählen, »die sich im Zeitverlauf radikalisiert«.

In der – neu geschriebenen – Einleitung berichtet Dörre von irritierenden Erfahrungen, die er Ende der 1980er Jahre bei Lehrgängen im Bildungszentrum der IG Metall in Sprockhövel bei Bochum machte. Engagierte gewerkschaftliche Jugendvertreter, die sich tagsüber an der Politischen Ökonomie von Karl Marx abgearbeitet hatten, gaben beim abendlichen Bier offen zu, die damals in der alten Bundesrepublik aufkommende Partei »Die Republikaner« zu wählen, die man in gewisser Weise als Vorläuferin der AfD bezeichnen kann: »Gerechtigkeitsvorstellungen adressierten sie vornehmlich an einen nationalen Wohlfahrtsstaat, der diese Ansprüche jedoch immer weniger gewährleisten konnte.«

Erstarrte Weltbilder

Als Hintergrund dessen diagnostiziert Dörre eine »Sehnsucht nach einem goldenen Zeitalter, als die Arbeiterschaft noch respektiert wurde und die ihr Angehörigen noch Möglichkeiten zum gesellschaftlichen Aufstieg hatten«. Von dieser Beobachtung ausgehend zieht er eine lange Entwicklungslinie hin zum inzwischen auch parlamentarisch etablierten Rechtspopulismus. Diese Linie reicht vom Frust der Ostdeutschen in der Nachwendezeit über die wachsende Globalisierung und Prekarisierung von Arbeit in den Nullerjahren bis zu den sozialen Folgen der Finanzkrise und den Ressentiments gegen Geflüchtete nach 2015.

Den Begriff der »Tiefengeschichte« hat Dörre dabei von Arlie Russell Hochschild übernommen. Die kalifornische Soziologin veröffentlichte noch vor Trumps Wahlsieg im Jahr 2016 die Ergebnisse intensiver Feldforschungen in Louisiana, einer Hochburg der rechten Tea-Party-Bewegung. Ihre Studie »Fremd in ihrem Land – Eine Reise ins Herz der amerikanischen Rechten« wurde erst verspätet ins Deutsche übersetzt. Eindrucksvoll berichtet sie vom widersprüchlichen Denken Weiterlesen Die Wut der Wartenden

Bisheriger Höchstwert Berlin meldet 22 Corona-Tote innerhalb von 24 Stunden

ThemaCORONA-BLOG

Symbolbild: Ein Sarg wird aus einem Krankenhaus geschoben. (Quelle: dpa/L. Pavlicek)
Audio: rbb 88.8 | 17.11.2020 | Michael Ernst | Bild: dpa/L. Pavlicek

Zum ersten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie sind in Berlin mehr als zwanzig Menschen innerhalb eines Tages an oder mit Covid-19-Erkrankungen verstorben. Besonders viele der insgesamt 400 mit dem Virus infizierten Verstorbenen wohnten in Pflegeheimen.

In Berlin sind innerhalb von 24 Stunden 22 neue Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gemeldet worden. Das ist der höchste Wert und Anstieg an einem Tag bei den Todesfällen seit Beginn der Pandemie.

Insgesamt meldeten die Berliner Gesundheitsämter am Dienstag 1.572 neue Corona-Fälle. Damit stieg die Gesamtzahl der Corona-Infizierten seit Beginn der Pandemie auf 50.606, wobei 30.940 als genesen gelten. Die Zahl der Corona-Toten erhöhte sich um die 22 auf 393, wie aus dem Lagebericht der Gesundheitsverwaltung hervorgeht.

Ein Drittel der Corona-Toten in Pflegeheimen

Rund ein Drittel aller Berliner Corona-Toten wurden von Pflegeheimen gemeldet. Das teilte die Berliner Gesundheitsverwaltung am Dienstag dem rbb auf Anfrage mit. Insgesamt sind demnach 132 Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen an Covid-19-Erkrankungen verstorben. In der ambulanten Pflege zählt die Senatsverwaltung bislang 19 Pflegebedürftige, die an oder mit Corona gestorben sind.

Von den insgesamt knapp 300 Pflegeheimen Berlins hatten seit Ausbruch der Pandemie knapp zwei Drittel bestätigte Corona-Fälle. Berlin hat gut 31.000 Plätze in Pflegeheimen. 1021 Bewohnerinnen und Bewohner dieser Heime haben sich in Berlin seit Ausbruch der Pandemie nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Fast die Hälfte davon sind aktuell an Corona erkrankt.

15 Corona-Tote in Lichtenberger Pflegeheim

Im Fall des aktuell von einem massiven Corona-Ausbruch betroffenen Pflegeheims in Berlin-Lichtenberg rechnet Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) für Mittwoch mit einem Bericht des zuständigen Amtsarztes. Es sei entscheidend zu schauen, warum es trotz Hygienevorgaben und Schutzkleidung zu einem Ausbruch dieses Ausmaßes gekommen sei, sagte Kalayci am Dienstag nach der Senatssitzung in Berlin. Ein, zwei Infektionen seien nie hundertprozentig zu verhindern. „Aber wie konnten sich solche Infektionen ausbreiten in dieser Form? Das ist ganz klar, dass da irgendwas schiefgelaufen ist.“ Bislang sind 15 Heimbewohner durch Covid-19-Erkrankungen verstorben.

Als „No-Go“ bezeichnete es die SPD-Politikerin, wenn Beschäftigte im Pflegeheim zum Arbeiten trotz Symptomen angehalten worden sein sollten – wovon sie gehört habe. „Wenn das stimmt, dass das der Fall war, dann muss ich sagen, ist es wirklich fahrlässig.“ Der Betreiber streite dies aber ab. Kalayci sagte, nach ihrer Einschätzung könnten menschliches Versagen und Betreiber, die das Thema Hygiene nicht so richtig ernst nähmen, zu solchen Ausbrüchen führen.

Die Senatorin kündigte an, dass in dieser Woche noch einmal FFP2-Schutzmasken an Pflegeheime verteilt würden – die Ausstattung damit sei aber eigentlich Aufgabe der Betreiber. Bund und Länder hatten sich am Montag darauf verständigt, Risikogruppen zeitnah mit FFP2-Masken auszustatten.

288 Patienten auf Intensivstationen

Derweil steht weiterhin eine der drei Berliner Corona-Ampeln auf Rot, nämlich die der sogenannten 7-Tage-Inzidenz. Sie liegt nunmehr bei 227 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen – und damit um 18 Prozent höher als vor einer Woche. Zum Vergleich: Der kritische Schwellenwert bei der 7-Tage-Inzidenz beträgt 50. Am höchsten ist der Wert in Berlin aktuell im Bezirk Mitte (379,5) gefolgt von Neukölln (328,5).

288 Covid-19-Patienten werden laut Lagebericht derzeit auf Intensivstationen versorgt. Das entspricht einer Auslastung der dortigen Betten mit dieser Art von Erkrankten von 23,2 Prozent. Bei Überschreiten der kritischen Marke von 25 Prozent würde diese Ampel von Gelb auf Rot wechseln.

Die dritte Ampel mit dem sogenannten R-Wert steht mit 1,02 auf Grün. Damit wird angezeigt, wie viele Menschen durchschnittlich von einem Erkrankten mit dem Virus angesteckt werden.

Sendung: Abendschau, 17.11.2020, 19:30 Uhr

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