Im Rat der EU verhandeln die Beamten der nationalen Regierungen Europas Gesetze – unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein Report von Investigate Europe
Mit verdeckten Machtstrukturen kennt sich Emily O’Reilly aus. Als sie sich einst in Dublin um einen Job als Journalistin bewarb, sagte man ihr, sie solle tippen lernen, dann könne sie als Sekretärin arbeiten. Den Kurs machte sie nicht, aber 20 Jahre später war sie Politikchefin der irischen „Sunday Times“. Als sie bald darauf zur ersten Ombudsfrau für Irland berufen wurde, stieß sie auf ein Geflecht staatlicher Einrichtungen, die jenseits öffentlicher Kontrolle mit Milliarden jonglierten, um die faulen Wertpapiere maroder Banken zu verwalten. Da gab sie so lange keine Ruhe, bis alle beteiligten Stellen der parlamentarischen Prüfung unterstanden.
Seit 2014 dann legte sie sich als „European Ombudsman“ mit EU-Kommissaren und EZB-Direktoren an, um Licht in deren Verstrickungen mit Lobbyisten und Konzernen zu bringen – auch das mit Erfolg. Das Parlament wählte sie gleich für eine weitere Amtszeit.
Doch ausgerechnet mit dem, wie sie sagt, „wichtigsten Teil meiner Arbeit“ kommt die streitbare Irin seit Jahren nicht voran. „Alle Bürger haben das Recht, am demokratischen Leben der Union teilzunehmen“, garantiert der EU-Vertrag. Aber dieses Recht, so urteilt O’Reilly, „können sie nicht wahrnehmen“. Das ergaben ihre Ermittlungen zu Europas mächtigster Institution: Den Rat der Europäischen Union, kurz Ministerrat genannt, jenem Organ also, wo die Regierungsbeamten der 27 Mitgliedsstaaten die Gesetze der EU verhandeln und beschließen, bevor sie sich mit dem Parlament auf die endgültigen Gesetzestexte einigen.
Aber wer dort wie über was genau verhandelt, und welche nationale Regierung welche Position vertritt, so stellt O’Reilly immer wieder fest, das halten die beteiligten nationalen Beamten systematisch geheim. Darum sei es „für die Bürger praktisch unmöglich, zu erfahren, wie ein europäisches Gesetz zustande gekommen ist“. Das aber „untergräbt ihr Recht, ihre gewählten Vertreter zur Rechenschaft zu ziehen“ und „zielt ins Herz der Legitimität der EU“, sagt sie.
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