Wenn migrantisch geprägte Orte in Flammen aufgehen, wird Rassismus als Tatmotiv zu oft nicht erkannt
Von Carina Book

Döner-Imbisse, Shisha-Bars, Unterkünfte: In diesem Schwerpunkt wird der Versuch unternommen, 69 Brandstiftungen aus den letzten Jahren in Deutschland zu dokumentieren und zu systematisieren. Alle Brandanschläge richteten sich gegen Geschäfte oder Unterkünfte von Menschen, die von der Mehrheitsgesellschaft rassistisch markiert werden. Die Täter*innen zerstören materielle Existenzgrundlagen. Nicht selten brechen sie Biografien. Oft wird der Tod von Menschen billigend in Kauf genommen. Meistens wird wegen schwerer Brandstiftung ermittelt, selten aber wegen versuchten Mordes. Betroffene werden zu selten ernstgenommen, und zu oft werden Ermittlungen ergebnislos eingestellt. Berichte über diese Attentate verschwinden zumeist als Randnotiz der Lokalpresse in der Bedeutungslosigkeit.
Dabei mahnen die Überlebenden des NSU seit Jahren, nicht wegzuschauen, wenn scheinbar »unpolitische« Straftaten gegen Migrant*innen verübt werden. Vor 20 Jahren begann mit dem Mord an dem Blumenhändler Enver Simsek in Nürnberg die rassistische Mordserie des »Nationalsozialistischen Untergrunds«. Ein ganzes Jahrzehnt lang konnte der NSU unbehelligt von staatlicher Verfolgung töten. Im Fokus: migrantisch geführte Geschäfte. Blumenläden, Dönerimbisse, Kioske und Internetcafés wurden zu Tatorten rechten Terrors. Die Berichterstattung über die Ermordeten war durchzogen von rassistischen Klischees. Ermittler*innen spekulierten über »Ausländerkriminalität« und »Drogenkriege.« Rechter Terror und Rassismus hingegen spielten bei der Motivsuche der Behörden und in der Mehrheitsgesellschaft keine Rolle. Dabei hatten Angehörige und Freund*innen der Opfer längst eine rassistische Mordserie vermutet. Schon im April 2006 forderten sie bei einem Schweigemarsch in Kassel »Kein 10. Opfer!«. Sechs Jahre später Weiterlesen Brennpunkt Deutschland