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Hat die Sowjetunion zuschanden geritten: Michail Gorbatschow
Es gibt wohl kein zweites Land, in dem dieser Mann offiziell so penetrant geehrt wurde, wie dieses. In der Bundesrepublik überhäufte man Michail Gorbatschow mit Preisen, vor Springers Zentrale steht von ihm eine überlebensgroße Büste im Ensemble mit George Bush und Helmut Kohl. Nun kommt eine Statue hinzu, die am 3. Oktober – wann schließlich sonst? – vor dem Rathaus in Dessau enthüllt werden soll.
Dieser Staat verdankt Gorbatschows historischem Verrat zum Leidwesen der restlichen Welt eine ganze Menge. Der Mann, der mit seiner Perestroika – »das russische Wort für New Age« (Hacks) – eine Weltmacht zuschanden ritt, um der anderen für einen historischen Zeitraum von 30 Jahren zu gestatten, an praktisch jedem Fleck des Planeten mit seinem Militär einzumarschieren, der Mann, der im Februar 1990 an einem Baumstumpf im Kaukasus sitzend die DDR an Kohl und Genscher verscherbelte, wird hierzulande folgerichtig als »Jahrhundertpolitiker« vorgestellt. Solchen Leuten stiftet man Denkmäler. So ein Ding allerdings stünde in Gorbatschows Heimatland vermutlich keine zwei Stunden. Denn in Russland ist der »Totengräber der UdSSR« nicht sonderlich wohl gelitten. Als er 1996 zur Präsidentschaftswahl antrat, bescheinigte ihm das russische Wahlvolk, welchen formidablen Ruf er genoss. Gorbatschow ging mit ganzen 0,5 Prozent der abgegebenen Stimmen aus dem Rennen. Kluge Leute wussten schon früher, was von ihm zu halten war: »Gorbatschow«, schrieb Hacks im Juni 1989 an Gremliza, »ist ein erwiesener Unmarxist, aber doch ein kaukasischer Gewohnheitslügner. Ein Schaf im Schafspelz mithin.«
Ein Jahr nach seiner desaströsen Wahlschlappe hatte die Geschichte endlich die ihm vorbestimmte, angemessene Rolle gefunden: Gorbatschow als Werbemodel für die Fastfoodkette Pizza Hut. Ausweislich des Spots war es sein größtes Verdienst, die in Fett gewendete Pizza nach Russland gebracht zu haben. Das kommt der Wahrheit womöglich sehr nahe.