In der Nacht zum 18. Juli haben offenbar Rechte eine 20-köpfige Gruppe junger Menschen vor der Erfurter Staatskanzlei angegriffen und mehrere Personen zum Teil schwer verletzt. Nach Angaben der Opferberatung ezra waren die vermutlich kampfsporterfahrenen, rechten Gewalttäter teils vermummt, gingen hemmungslos und mit enormer Brutalität vor und nahmen tödliche Verletzungen wissentlich in Kauf. Die Tat reiht sich ein in eine Serie von gewalttätigen Naziangriffen in den vergangenen Jahren in Erfurt und Thüringen. Aber auch der Umgang damit hat Tradition, wie ein Blick auf ausgewählte Fälle zeigt. So verwundert es nicht, dass der Angriff durch die Polizei anfangs als Aufeinandertreffen von „zwei Gruppen Jugendlicher“ dargestellt wurde, in dessen Folge eine „körperliche Auseinandersetzung“ folgte. Auch die meisten Medien saßen der Vorstellung einer „Prügelei“ von „Dutzenden überwiegend Jugendlicher“ auf. Für die AfD eine Steilvorlage, um sogleich in rassistischer Manier nach der Staatsangehörigkeit der Beteiligten zu fragen. Völlig „unerheblich“ findet es die AfD, „ob es eine rechte oder keine rechte Motivation gab“. Ähnliche polizeiliche Verharmlosungen sind beispielsweise vom Angriff auf die Besucher*innen einer Vernissage im Erfurter Kunsthaus 2012 mit mehreren Verletzten bekannt. Seitens der Polizei hieß es erst, es sei „aus bisher nicht bekannten Gründen“ zu den Übergriffen gekommen“, von einer „Verbindung zur rechtsextremen Szene“ wurde anfangs nicht ausgegangen. Auch nach dem brutalen Überfall auf die Feier einer Kirmesgesellschaft 2014 in Ballstädt im Landkreis Gotha sprach die Polizei zuerst von einer „Kirmesschlägerei“. In beiden Fällen wurde der politische Charakter der Tat nur durch die Intervention der Betroffenen bekannt, während seitens der Polizei lediglich immer wieder von „unglücklicher Kommunikation“ die Rede ist. Genauso verhält es sich mit dem aktuellen Beispiel in Erfurt, wo allein schon der Tathergang für eine Beteiligung der extrem rechten Szene spricht. Und auch im landesweiten Vergleich hat die Opferberatung ezra allein in den vergangenen vier Jahren in Erfurt die meisten rechten Übergriffe registriert. Zynisch ist hier die Kritik von Innenminister Meier, die Veröffentlichung antifaschistischer Recherchen zu den Taten diene dazu, „vor der eigenen Klientel mit Informationen zu glänzen und die Polizei als auf dem rechten Auge blind hinzustellen“. Dabei wurde die Öffentlichkeit in vielen Fällen erst durch diese Rechercheergebnisse über den Charakter der Tat informiert. Die juristische Aufarbeitung solcher Übergriffe hingegen lässt meist allzu lange auf sich warten. So soll der Prozess gegen Neonazis, die im Mai 2016 das Erfurter AJZ überfallen hatten, erst Ende dieses Jahres und das Revisionsverfahren im Fall des Überfalls in Ballstädt erst im nächsten Jahr beginnen. In Nordhausen wurde das Verfahren gegen zwei Neonazis sechseinhalb Jahre nach einem gewalttätigen Überfall wegen einer „überlangen Verfahrensdauer ohne ein Urteil“ einfach eingestellt.
Putschfreund des Tages: Elon Musk

Nicht zwischen Genie und Wahnsinn, nur Wahnsinn: Elon Musk (Berlin, 12.11.2019)
»Was stimmt nicht mit Elon Musk?« fragte das US-amerikanische Magazin Input im Februar. Die Frage darf man schon mal stellen. Anlass für das Magazin war damals Musks Aussage zur »Befreiung der USA« vom Coronalockdown. Was man aber auch schon mal fragen darf, ist, warum diese Frage, was denn mit ihm nicht stimme, erst im Februar gestellt wurde. Schließlich ist Musk seit Jahren bekannt dafür, jeden vermeintlichen Geistesblitz zu twittern – erinnert sei an seine Idee, den Mars mittels Atombomben bewohnbar zu machen.
Nun hat der Gute erneut ausgepackt. Auf seinen Tweet am Freitag (Ortszeit), ein weiteres Konjunkturpaket sei nicht im Interesse der Bürger, antwortete ein User: »Weißt du, was nicht im Interesse der Bürger war? Dass die US-Regierung einen Putsch gegen Evo Morales in Bolivien organisiert, damit du Lithium erhältst«. Die Antwort? »Wir werden putschen, gegen wen immer wir wollen. Finde dich damit ab.«
»Wow«, könnte man denken. »Damit haben wir aber nicht gerechnet«, könnte man meinen. Selbstverständlich beunruhigen die Gelassenheit und Arroganz einer solchen Aussage, doch reiht sie sich nur in die Tradition US-amerikanischer Kapitalisten auf dem Kontinent ein. Die United Fruit Company, bekannt für die Chiquita-Banane, ist in diesem Fall etwas geübter. 1928 hatte sie in in der kolumbianischen Stadt Ciénaga Tausende Arbeiter umbringen lassen, und 1954 ließ sie gegen die Regierung in Guatemala putschen.
Die Monroe-Doktrin von 1823, mit der die USA Lateinamerika als ihren eigenen Hinterhof bezeichneten, hat offensichtlich auch für Musk Gültigkeit. Da überrascht es nicht, dass er, der im Apartheidstaat Südafrika geboren wurde und aufwuchs, sich »halb Demokrat, halb Republikaner« nennt. Unterschiede in der Lateinamerika-Politik gibt es zwischen beiden Parteien ohnehin nicht.