Wir können nicht allen helfen?

Fünf Jahre erst ist’s her, da nahm Deutschland gemeinsam mit wenigen anderen europäischen Staaten Menschen aus dem Nahen Osten auf, die vor Bürgerkrieg, Verfolgung oder perspektivlosem Elend geflüchtet waren. Und doch scheint der rasch zur „Flüchtlingskrise“ umdeklarierte Akt der Humanität schon fast vergessen. Dabei sollte er doch eigentlich Auftakt zum Untergang des Abendlandes sein! Man hat sich abgefunden, nimmt den Geflüchteten aber doch ein bisschen übel, dass man sich ihretwegen für ein Weilchen zum Mitgefühl hinreißen ließ. Die Mehrheit der Deutschen hat inzwischen sogar Angela Merkel ihren Anflug von Menschlichkeit verziehen, allerdings nur, weil die Regierung längst zur gewöhnlichen Politik der Abschottung zurückgekehrt ist.
In einen Satz gerinnt die Mischung aus Resignation, Gleichgültigkeit und Widerwillen, mit der hierzulande viele mittlerweile Richtung Mittelmeer blicken: „Wir können nicht allen helfen!“ Es ist ein unscheinbarer Satz, der aber doch ziemlich viel Inhalt hat: vier Lügen in nur fünf Wörtern. Noch die mildeste Schwindelei steckt im letzten. Wir „helfen“ eigentlich gerne, das klingt rührend. Da vergisst es sich leicht, dass es nicht um Akte einer freiwilligen Gnade geht, sondern um die internationale Flüchtlingskonvention, das Verfassungsrecht auf Asyl und die Pflicht zur Rettung Schiffbrüchiger. Wo man aber nicht das tut, was das Recht gebietet, sondern aus Lust und Laune „hilft“, da kann bei passender Gelegenheit auch die Frage gestellt werden: Oder soll man es lassen?
Von beachtlicher Verschlagenheit ist auch das Wörtchen „alle“. Können wir die Not auf der Welt beenden, indem wir „alle“ aufnehmen? Nein. Es kommen aber auch nicht „alle“. Es kommen einige. Weiterlesen Wir können nicht allen helfen?

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Andreas Kalbitz im RBB-Fernsehen: Bühne frei für den Feind der Demokratie – DER SPIEGEL

Rechtsextremist Andreas Kalbitz (AfD): Ein klassisches Sommerinterview eben

Rechtsextremist Andreas Kalbitz (AfD): Ein klassisches Sommerinterview eben

Foto: 

Martin Schutt/ DPA

Ein entspannter Sommertag in Brandenburg. Die Sonne scheint, im Hintergrund  plätschert Wasser, in einem Korbstuhl sitzt Andreas Kalbitz – und lächelt süffisant. Der Landes- und Fraktionschef der AfD ist Gesprächspartner bei „Politik am See„, der Sommerinterview-Reihe des RBB.

Moment mal, Kalbitz? Der Mann, über den der Chef des Verfassungsschutzes in Brandenburg, Jörg Müller, sagt: „Andreas Kalbitz ist ein erwiesener Rechtsextremist“? Den auch der Bundesverfassungsschutzso einstuft und seit Herbst außerhalb seiner parlamentarischen Arbeit beobachtet?

Genau der. Warum gibt der RBB diesem Mann 40 Minuten Sendezeit, um sich als sympathischer Politiker inszenieren zu können? Einem Rechtsextremisten? Auf Nachfrage eines Zuschauers lässt der RBB wissen: „Der Verfassungsschutz spricht von Hinweisen. Bewiesen ist es bisher nicht.“

Das stimmt nicht. Vor allem wegen Kalbitz und dessen Position innerhalb der Partei wurde der gesamte Brandenburger Landesverband erst vor drei Wochen in Gänze als „Verdachtsfall“ eingestuft – seither dürfen nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt werden, um ihn zu überwachen. Zudem war Kalbitz der Machthaber des Ende April formal aufgelösten „Flügel“, jener parteiinternen Rechtsaußen-Plattform rund um den Thüringer AfD-Landesschef Björn Höcke. Sie wurde im März vom Bundesverfassungsschutz als „erwiesen extremistisch“ eingestuft.

Aber sogar ohne nachrichtendienstliche Erkenntnisse könnte man mittlerweile wissen, dass Kalbitz Rechtsextremist ist. Medien haben das aufgedeckt und vielfach darüber berichtet, auch der RBB.

  • Da sind Kalbitz‘ öffentlichen Äußerungen als AfD-Politiker, mit denen er die Demokratie verächtlich macht.

  • Da sind seine aktuellen Verbindungen zur als rechtsextrem eingestuften„Identitären Bewegung“.

  • Da sind seine Reise nach Athen mit dem damaligen NPD-Chef Udo Voigt und anderen Prominenten der Neonazi-Szene 2007 oder zu nationalistischen Wallfahrten in Belgien 1999 und 2000.

  • Da sind frühere Mitgliedschaften in vielen rechtsextremen Organisationen wie dem „Witikobund“, der „Jungen Landsmannschaft Ostpreußen“ oder dem von einem ehemaligen SS-Hauptsturmführer gegründeten „Verein für Kultur- und Zeitgeschichte – Archiv der Zeit e. V.“. Bei Letzterem übernahm Kalbitz noch 2014 den Vorsitz.

  • Da sind seine Besuche bei neonazistischen Lagern von der „Heimattreuen Jugend“ und der Folgeorganisation „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) – auch unabhängig von der Frage, ob Kalbitz dort nun Mitglied war oder nicht.

All das sind nur Ausschnitte aus Kalbitz‘ rechtsextremer Karriere.

AfD: So sprechen die

Foto: Robert Michael/ DPA

AfD: So sprechen die „Flügel“-Anführer Björn Höcke und Andreas Kalbitz