Wenn Menschen den Begriff des Bürgerlichen missbrauchen, um völkisches Denken und Rassismus unter einer Hundekrawatte zu verstecken, dann reicht es nicht, wenn sich Linke darüber empören. Ein Gastbeitrag des FDP-Politikers Konstantin Kuhle
Gastkommentar
Im hessischen Hanau erinnern Kerzen an die Opfer des Anschlags vom 19. Februar.
Michael Probst / AP
Die demokratische Kultur in Deutschland befindet sich in Aufruhr. In Thüringen tritt ein FDP-Ministerpräsident nach kurzer Zeit zurück, weil er eingesehen hat, dass sich auf dem Makel einer Wahl durch die AfD keine Regierung aufbauen lässt. Und in Hanau erschiesst ein Rechtsextremist neun Menschen, weil sie einen Migrationshintergrund haben. Beide Ereignisse unterscheiden sich fundamental. Und doch haben beide für heftige Erschütterungen gesorgt.
Überall in Deutschland gehen Menschen auf die Strasse, um ihre Abneigung gegen den Rechtsextremismus und die AfD zum Ausdruck zu bringen. Doch manche verhalten sich angesichts dieser Proteste reserviert. Sie fragen sich, ob solche Demonstrationen und Empörungswellen nicht zur gesellschaftlichen Spaltung beitragen. Sie halten nichts davon, dass das politische System sich mit sich selbst beschäftigt und an der AfD abarbeitet. Sie kennen Menschen, die noch vor wenigen Jahren andere Parteien gewählt haben und nun die AfD unterstützen. Sie lehnen jeden Extremismus ab, einschliesslich des Extremismus der AfD. Aber sie fühlen sich mit mancher radikalen Formulierung, die heute gegen die AfD und den Rechtsextremismus verwendet wird, unwohl – weil sie sich selbst nicht als radikal begreifen und von Politik in erster Linie Sachbezogenheit und Besonnenheit erwarten.
Angesichts der Bedrohung Weiterlesen Es geht um Deutschland: Warum der Kampf gegen den Rechtsextremismus ein liberales und konservatives Projekt ist