Gemeinsame PressemitteilungAttac DeutschlandStadt Frankfurt am Main16. Februar 2020
Günter Hayn: Die Erfurter Probebohrung
Wenn er prüfen will, ob er im Berg auf abbauwürdige Schichten stößt, setzt der Bergmann Probebohrungen an. Geht das gut, kann er mit den Erschließungsarbeiten beginnen. Genau das ist am 5. Februar 2020 im Thüringer Landtag bei der Wahl des Ministerpräsidenten passiert. Die Parteien des Bürger-Blocks unternahmen eine Probebohrung. Allerdings trieben sie den Bohrer mit einer zu großen Geschwindigkeit in den Fels und verkanteten dabei auch noch das Gestänge. Der Bohrer fraß sich fest, die Sache musste abgebrochen werden – und die Mannschaft steht bis auf die Knochen blamiert neben dem demolierten Gerät.
Die Sache hat eine Vorgeschichte. Seit 1990 erzielen dort die Parteien, die das konservative Spektrum bis hin zu den ganz Rechten abbilden, in der Regel Werte über 40 Prozent, teilweise bis hin zur absoluten Mehrheit: 1990 – CDU 45,4 plus FDP 9,3; 1994 – CDU 42,6 plus FDP 3,2; 1999 – CDU 51,0; 2004 – CDU 43,0 (das war die absolute Mehrheit im Landtag); 2009 – CDU 31,2 plus FDP 7,6 (Christine Lieberknecht [CDU] bildete mit der SPD eine Koalitionsregierung); 2014 – CDU 33,5 plus 10,6 AfD (unter Bodo Ramelow kam das erste rot-rot-grüne Kabinett); 2019 – CDU 21,7 plus FDP 5,0 plus AfD 23,4 (das ist die absolute Mehrheit). Vom Mythos des „roten“ Thüringens sollte man sich verabschieden.
Noch deutlicher wird das bei den „Wahlen vor Ort“, bei denen die parteipolitische Großwetterlage eine geringere Rolle spielt. Hier kennt man einander, hier weiß man, was man von den Parteien und ihren Kandidatinnen und Kandidaten zu erwarten hat. Kommunalwahlen gab es in Thüringen zuletzt 2018 und 2019 (2018 die Landräte und Oberbürgermeister). DIE LINKE stellt seitdem nur noch eine einzige Landrätin, die parteilose Petra Enders im Ilm-Kreis. Von den 14 thüringischen Landkreisen sind acht in CDU-Hand. Ein nicht ganz so schwarzes Bild bietet das Spektrum der Oberbürgermeister, „rot“ ist es allerdings auch nicht: Von neun Oberbürgermeistern stellt die CDU zwei, DIE LINKE allerdings auch nur eine einzige – Katja Wolf in Eisenach.
Eindeutig ist das Bild in den Kreistagen und Stadträten der sechs kreisfreien Städte. Dort landete DIE LINKE im Mai 2019 (!) auf Weiterlesen Günter Hayn: Die Erfurter Probebohrung