Linke Demonstranten protestieren in Leipzig gegen das Verbot des Onlineportals „Linksunten.Indymedia“. Nicht trotz, sondern wegen der Silvesternacht versucht die Polizei, zu deeskalieren – und zieht das Konzept noch durch, als Steine und Böller fliegen.
Mit seinen zwei Metern Körpergröße und der breiten Statur fällt Martin Sirrenberg immer und überall auf. An diesem Samstagabend in Leipzig-Connewitz aber besonders: 50 Meter vor ihm laufen Polizisten in Kampfmontur, 50 Meter hinter ihm ein Block vermummter Autonomer. Und dazwischen der Enddreißiger, der für das Ordnungsamt arbeitet und wirkt, als sei er auf einem Abendspaziergang. Sirrenberg hat einen großen Anteil daran, dass die Demonstration doch noch in einigermaßen geordneten und friedlichen Bahnen endet.
Bundesweit hatte die linksradikale Szene für die Demonstration gegen das Verbot der Internetplattform „Linksunten.Indymedia“ mobilisiert, wobei teils martialische Aufrufe kursierten: „Wir suchen die direkte Konfrontation – Bullen angreifen!“ Dennoch kündigte die Leipziger Polizei eine Strategie der Deeskalation an – nicht trotz der Ereignisse an Silvester, sondern, so muss man vermuten, gerade deshalb.

Bei der Demonstration war schnell klar, dass die Linken gerne unter sich bleiben wollen
Quelle: AFP/STRINGER
In der Neujahrsnacht war es in dem linksalternativen Stadtteil Connewitz zu Ausschreitungen gekommen. Hatte die Polizei zunächst schwere Vorwürfe gegen die beteiligten Linken erhoben und die Staatsanwaltschaft gar Ermittlungen wegen Mordversuchs eingeleitet, änderte sich durch Medienberichte und dem Bekanntwerden von Videoaufnahmen das Bild: Offenbar ging die Gewalt nicht allein von den Linken aus. Auch die Information, ein Polizist habe sich sei einer Notoperation unterziehen müssen, musste man relativieren. Am Ende stand eine Diskussion über die Glaubwürdigkeit und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei.
Aufrufe an beide Seiten
Wohl deshalb wurden vergangene Woche der langjährige Polizeisprecher Uwe Voigt und der besonders umstrittene Sprecher Andreas Loepki ihrer Aufgaben entbunden. Wie sehr die Leipziger Polizei in die Kritik geraten ist, zeigt auch ein gemeinsamer Aufruf der Spitzenkandidaten von CDU, SPD, Grünen und Linken, die nächste Woche bei der Wahl als Oberbürgermeisterwahl gegeneinander antreten werden. „Die Grenzen der Toleranz sind erreicht, wenn die Worte der Gewalt weichen“, schreiben sie an die Adresse aller „Akteurinnen und Akteure“ – also auch an die Polizei.
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