Kann es unsere Aufgabe sein, in den Chor einzustimmen, der singt, dass wir „gerade noch einmal davon gekommen“ seien? Dass „nur“ 23,4% der Stimmen an eine Partei gingen, deren Spitzenkandidat mit hochrichterlicher Deckung „Faschist“ genannt werden darf? Dass umgekehrt also 75% der Stimmen ans „demokratische Lager“ gingen, und das in Thüringen? Dass obendrein erstmals ein Ministerpräsident der Linken die meisten Stimmen auf sich hat vereinigen können? Nein.
Fakt ist zunächst, dass eine rechtsextreme Sammlungsbewegung den seiner selbst bewussten politischen Willen eines erheblichen Teils der Gesellschaft artikuliert. Niemand kann heute prognostizieren, wie weit das noch gehen wird. Dem steht entgegen, dass Bodo Ramelow tatsächlich die höchste Stimmenzahl von allen anderen Kandidaten erringen konnte. Das ist erfreulich, darf aber nicht einfach als Sieg seiner Partei, der LINKEN, gewertet werden. Ramelow hat die „sozialdemokratische Leerstelle“ besetzt, als „Landesvater“, als Integrationsfaktor – und als Moderator der Mosaiklinken in Thüringen. Da bleibt für die Konkurrenz von der SPD gerade die Stimmenzahl übrig, die sie erringen konnte. Nimmt man die desolate Verfassung der Bundespartei hinzu, die im Zwischenstand der Mitgliederbefragung ihren passenden Ausdruck gefunden hat, wird die weitere Pulverisierung zur geradezu logischen Konsequenz. Ändern kann sich das nur, wenn die Vorstandswahl zu einer Richtungsentscheidung wird.
Gleichermaßen schwach, aber aus anderen Gründen, schneiden die Grünen ab. Dass „die Bäume der Grünen nicht in den Himmel wachsen“, war bereits in Sachsen und Brandenburg zu erkennen. Steht die ökologische Krise nicht im Mittelpunkt einer Wahl, sind die Grünen eben keine Volkspartei. Ihre Schwäche kann nicht erfreuen. Sowenig ihre zum Teil nach Wahlsiegen erlebte Überheblichkeit als „neue Volkspartei der Mitte“ überzeugen kann. Gleichwohl werden Weiterlesen Keiner weiß mehr Positionspapier des ISM zur Wahl in Thüringen